© Tobias Rülke

#meditation

"98 Prozent dessen, was wir sind, ist uns nicht bewusst"

Ein Text von Tobias Rülke

Dauer: 10 min.

Meditation – ein Thema, das oft mit Ruhe, Stille und Achtsamkeit verbunden wird. Doch was steckt wirklich hinter dieser Praxis, die nicht nur in spirituellen Kreisen, sondern auch im Alltag immer mehr Anhänger findet?

Darüber habe ich mit Stefan Löffler gesprochen. Er erzählt von seinen persönlichen Erfahrungen, wie ihn seine Lebensgeschichte und der Sport überhaupt zur Meditation gebracht hat und davon, dass Meditation viel weiter geht als nur leise seine Gedanken und Atmung zu kontrollieren.

© Tobias Rülke

Du bist nun seit über 17 Jahren als Personal Trainer aktiv und warst vorher professioneller Handballspieler. Wie hat dich denn der Sport geprägt?

 

Ja also ich mache eigentlich Sport, seit ich ein kleines Kind bin. Also, wir haben eine recht sportliche Familie, mein Vater war schon sehr sportlich, der Opa und so weiter. Das heißt, für mich und meine Schwester, ab dem sechsten, siebten Lebensjahr, war Sport schon irgendwie ein täglicher Begleiter. Ich hatte eine recht bewegte Kindheit, leider auch mit sehr negativen Erlebnissen mit meinen Eltern. Parallel dazu habe ich eben im Leistungssport irgendwann bemerkt, so wie fast jeder Leistungssportler irgendwann, dass der Verstand und unser Geist oder anders ausgedrückt unser Kopf, sehr stark darüber entscheidet, ob wir erfolgreich sind oder ob wir nicht erfolgreich sind.

 

Das klingt, als hätte dich diese Erkenntnis sehr beschäftigt. Wie hast du begonnen, dich damit zu befassen?

 

Ja, das hat eigentlich dann auch irgendwann dazu geführt, dass ich mich mit unserem Geist und unserem Verstand einfach begonnen habe auseinanderzusetzen, weil ich bemerkt habe, wie sehr mich das eigentlich einschränkt. Und, dass das eigentlich der Grund ist, warum ich meine Leistung zum Beispiel nicht immer abrufen kann. Also, das ist eigentlich so grundsätzlich meiner Meinung nach das Schlimmste, wenn wir unser Potenzial nicht ausschöpfen können. Also, wenn du eigentlich als Mensch Potenziale hast, aber die gar nicht auf die Straße bringst, vielleicht auch gar nicht weißt, welche Potenziale du hast und was für Fähigkeiten wir eigentlich wirklich besitzen.

 

Hast du festgestellt, dass dich die negativen Erfahrungen in der Kindheit auch im Sport beeinflusst haben?

 

Ja also bei negativen Erlebnissen ist es so, unser Verstand hat die Fähigkeit sich zu erinnern. Das heißt, wenn Sachen in der Kindheit passieren, dann kann er das immer wieder hochholen. Und auch die Erfahrungen sind nicht nur mental abgespeichert, sondern auch emotional im Körper abgespeichert. Und ich habe halt einfach bemerkt, dass mir das beim Sport immer wieder in die Quere gekommen ist. Also, wenn der Druck groß war, dann sind diese ganzen negativen Gedanken und Emotionen hochgekommen, die mir dann erzählt haben, dass ich ja eigentlich gar nicht so gut bin.

 

Das ist ein wichtiger Punkt. Wie hast du es geschafft, dich von diesen Erinnerungen und Emotionen zu befreien?

 

Ich habe dann immer versucht, das jahrelang zu verbessern und damit klarzukommen und habe halt bemerkt, dass es nicht so einfach ist. Wenn man sich grundsätzlich mit der ganzen Thematik mal ein bisschen beschäftigt, dann ist es eigentlich oft so, dass negative Erlebnisse sehr oft für Menschen, die sehr, sehr erfolgreich werden, wirklich ein Antrieb sind. Weil sie sich damit stetig beweisen wollen, dass sie nicht schlecht sind, dass sie keine Versager sind und so weiter. Es ist eigentlich so, Emotionen und auch die Gedanken, wenn man so möchte, sind am Ende des Tages nur Energie. Und auf energetischer Ebene haben wir eigentlich nicht diese Unterscheidung zwischen “das ist eine gute Energie und das ist eine schlechte Energie”, sondern wir haben einfach nur Energie – die etwas verstärken oder schwächen kann. Das Spannende ist, man kann lernen diese Energie, auch wenn sie einen negativen Ursprung hat, zu kanalisieren. Und das ist etwas, was ich definitiv schon durch den Sport gelernt habe. Also in negative Gedanken und negative Emotionen nicht mehr einzutauchen, sondern zu verstehen, okay, da ist jetzt Energie in mir, die diese Unruhe schafft.

 

Hast du diese Energie dann gezielt genutzt, um deine sportlichen Leistungen zu steigern?

 

Ich kann das jetzt zum Beispiel in physische Aktivität ummünzen, dann wird diese Energie einfach abgebaut. Diese ganzen verdrängten Emotionen und diese ganzen negativen Erfahrungen haben dazu geführt, dass ich immer an meine Grenzen gegangen bin. Und ich habe dann irgendwann bemerkt, dass ich dadurch, nach dem Training zum Beispiel, wenn ich diese Emotionen abgebaut hatte, sehr angenehm, neutral war, entspannt, ausgeglichen.

 

Das klingt, als hättest du eine Methode gefunden, um mit negativen Emotionen umzugehen. War das der Beginn deines Interesses an Meditation?

 
Das hat dann schon mal irgendwie langsam dazu geführt, dass mich dieser mentale Aspekt interessiert hat. Und ich über kurz oder lang dann irgendwann bei der Meditation gelandet bin. Am Anfang ist das halt so Mentalcoaching. Das ist immer so eine Sache. Man muss all diese Dinge einfach richtig einordnen. Was kann ich mit Mentalcoaching bewirken? Wo ist der Unterschied zu einer Meditation? Bei manchen Menschen funktionieren diese Dinge. Also zum Beispiel auch Mentalcoaching und das macht auch etwas. Das ist cool. Das ist ähnlich wie geführte Meditationen. Es geht in eine sehr ähnliche Richtung. Grundsätzlich ist es so, dass diese Dinge einfach dazu führen, dass der Verstand und der Geist einfach mal strukturiert werden und man den Verstand auch verstehen lernt.
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Wie meinst du das? Also den Verstand verstehen lernen?

 

Unser Gehirn arbeitet größtenteils unbewusst, während nur ein winziger Teil uns bewusst ist. Der bewusste Anteil liegt bei nur zwei bis fünf Prozent, der Rest, also 95 bis 98 Prozent, bleibt außerhalb unseres Bewusstseins. Wir haben täglich rund 70.000 Gedanken, von denen uns nur ein Bruchteil bewusst ist. Das hat mir geholfen, mich auf Meditation und die innere Reise einzulassen. Ich wollte wissen, was ich denke, denn es passiert so viel in mir, wovon ich keinen Plan habe. Ich versuche mit diesem geringen bewussten Anteil, mein Leben zu steuern, zum Beispiel meinen Stress zu reduzieren.

In der Physiotherapie lernt man, die Ursache des Problems zu finden und nicht nur das Symptom zu behandeln. Ich wollte herausfinden, warum ich so bin, wie ich bin, und warum ich negative Emotionen oder Versagensängste habe. Viele sagen, das hat ja jeder, aber ich wollte mein Potenzial ausschöpfen. Wenn man auf die Suche nach dem Warum geht, taucht man in seinen Verstand ein. Und das sind eben die ersten Meditationen, das sind geführte Meditationen oder Atemtechniken und Affirmationen, wie man sie zum Beispiel mit Apps wie Headspace oder so erleben kann.

 

Wie kann man sich so ein Erlebnis vorstellen, also bei der Meditation?

 

Meditation ermöglicht Erfahrungen, die vom Verstand losgelöst sind. Normalerweise präsentiert uns der Körper das, was im Unbewussten gespeichert ist. Bei einer Meditation zur Freiheit könnte jemand ein helles, gelbes Licht sehen, während eine andere Person einen Regenbogen im Paradies erlebt – je nach individueller unbewusster Assoziation. Diese tiefsinnige Erfahrung zeigt, dass positive Erlebnisse in uns existieren. Der Verstand neigt oft dazu, Menschen in negativen Erfahrungen zu halten, besonders wenn man belastende Erlebnisse aus der Kindheit mit sich trägt. Das selbst Erlebte verändert jedoch die innere Perspektive, weil man aus eigener Erfahrung weiß, dass positive Zustände möglich sind.

Solche Meditationstechniken können das Leben positiv beeinflussen. Obwohl die Meditation über den Verstand angeleitet wird, löst sie auch körperliche Entspannung aus, was meist als sehr angenehm empfunden wird. Die Erkenntnis, dass in einem ein “Paradies” existiert, kann bereits eine transformative Wirkung haben. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass man die Erfahrung nicht nur hört oder liest, sondern tatsächlich selbst erlebt.

 

Verstehe, welche Techniken oder welchen Zugang gibt es da zum Beispiel?

 

Der Schlüssel ist einfach der Ton. Wir kennen das ja, dass wir, wenn uns etwas am Herzen liegt, dass wir gerne mit Menschen darüber sprechen. Das ist jetzt mal der einfachste Zugang. Dann gibt es noch so ein Phänomen, dass jedes menschliche Wesen, das geboren wird, weltweit, unabhängig von Sprache und sozialem Umfeld, die gleichen Töne macht. Alle Babys machen die gleichen Töne. Das heißt, der Ton ist etwas, das ganz, ganz fundamental in uns verankert ist. Und es ist so, dass wir unterschiedliche Chakren im Körper haben.

Chakren in der Meditation

Chakren sind in der Spiritualität energetische Zentren im Körper.

Jedes Chakra wird mit bestimmten Eigenschaften assoziiert. In der Meditation versucht man durch Töne, diese Energiezentren zu aktivieren. Dies soll zu körperlichem und geistigem Wohlbefinden beitragen und die spirituelle Entwicklung fördern.

Diesen Chakren sind gewisse Töne zugeordnet. Und die haben ganz, ganz klare Auswirkungen. Also wir haben zum Beispiel ein Energiezentrum, das Nabelchakra, das zweite Chakra. Dann haben wir zum Beispiel noch ein Herzchakra und nehmen wir noch das Kehlkopfchakra. Beim Kehlkopfchakra geht es darum, ob ich zum Beispiel die Wahrheit aussprechen kann, ob ich mich traue, Wahrheit zu sprechen. Beim Herzen ist es ein bisschen einfacher, da geht es darum, kann ich Liebe aussenden und Liebe empfangen. Jetzt gibt es Töne, die diese Chakren aktivieren können. Und wenn diese Chakren aktiviert werden, dann bringst du deinen gesamten physischen Körper in Einklang.

 

Und welche Technik oder welchen Zugang nutzt du hauptsächlich?

 

Was anderes, du kannst dir jetzt vorstellen, wir haben unterschiedliche Dimensionen. Ganz einfach ausgedrückt, wir haben eine physische Realität und wir haben eine nicht-physische Realität. Wir haben einen kleinen Teil, der bewusst ist und einen ganz großen Teil, der unbewusst ist. Das Nicht-Physische entspricht ungefähr diesen 98 Prozent und das Physische dem, was dir bewusst ist. Und jetzt ist es so, dass du mit unterschiedlichen Chantings (Gesängen, Tönen) unterschiedliche Energien aktivieren kannst.

Du hast zum Beispiel eine maskuline und eine feminine Energie in dir, die auch noch mitspielt in dem ganzen Konstrukt des Menschseins. Und wenn dieses Bewusstsein bei dir auf die Kommandobrücke darf, das ist das, was langfristig durch Meditation passiert, dann passiert Meditation einfach. Wenn du die Intelligenz in dir handeln lässt, dann passiert einfach das, was für dich zum Höchsten und Besten ist.

Und deswegen kann ich wirklich nur sagen, es werden unterschiedlichste Techniken angewendet, aber ich setze mich hin und ich habe keine Ahnung, welche Meditation kommt. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich meditiere, was passiert, was nicht passiert. Und da wollen wir irgendwann hinkommen.

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