#modelwelt
Wenn die Norm Diversität definiert
Ein Multimedia-Interview von Nicola Höpfl
Dauer: 20 min.
Mehr Diversität, weniger Diskriminierung lautet das neue Stichwort in der Mode- und Model-Welt. Zumindest versuchen verschiedene Modeunternehmen und Popkultur-Formate wie “Germany’s Next Topmodel” ihrem Publikum das zu verkaufen. Eine Person die sich mit Diskriminierung und Diversität in der Modebranche beschäftigt ist Sophie Mashraki. Einerseits, weil Mashraki selbst modelt und als nicht-binäre Person und halb Ägypter*in wohl selbst als diverses Model gilt und zu einer diskriminierten Gruppe gehört. Andererseits, weil Sophie Mashrakis Model-Agentur “Enfant Terrible Society” ausschließlich Models castet, die “sichtbar diskriminiert werden”. Im Interview spricht die Agentur-Gründer*in darüber, wie die Agentur “Enfant Terrible Society” entstanden ist und warum diese nur bestimmte Gruppen von Menschen castet.
Dabei geht es natürlich auch um Diskriminierung und Diversität und es zeigt sich: Die Frage, wie am Ende zum Beispiel ein diverses Fotoshooting aussieht, ist gar nicht so einfach zu beantworten und es herrscht eine gewisse Dissonanz. Sophie Mashraki sagt, Körpergröße oder die Körpermaße, spielen bei der Agentur “Enfant Terrible Society” keine Rolle. Mashraki selbst achtet als Model allerdings sehr wohl auf die eigenen Maße, denn das würde nunmal in der Branche erwartet werden, weil viele Designer*innen fänden, das sehe besser aus. Während die Modewelt also immer wieder versucht, sich divers zu präsentieren, geht es in dieser Branche dennoch um Aussehen, Schönheit und auch um Schönheitsnormen. Divers ist die Norm wohl kaum. So ganz würde ein gewisses Schönheitsideal in bestimmten Bereichen der Modebranche wohl auch nicht verschwinden, sagt Mashraki.
Sophie Mashraki ist 28 Jahre alt und macht seit 2020 Agenturarbeit. Mashraki modelt auch selbst. Mit einer Größe von 160 cm zählt Sophie Mahraki zu den Petit Models. Neben der Agentur “Enfant Terrible Society” gründete Mashraki eine weitere Agentur für Petit Models mit dem Namen “Antisupermodels”. Sophie Mashrakis Model-Agentur “Enfant Terrible Society” castet ausschließlich Models , die “sichtbar diskriminiert werden”. Damit meint Mashraki Models, die Trans, nicht-binär und / oder people of color sind. Auch Menschen mit Behinderung sind für Mashraki interessant. Die Agentur diskriminiert außerdem nicht bei Körpergröße und Körpermaße, sagt Mashraki.
Nicht jede Person kann etwas mit Begriffen wie “trans” oder “nicht-binär” anfangen. Vor allem mit dem Begriff “nicht-binär” können vermutlich einige Menschen nicht viel anfangen. Kannst du bitte mal kurz erklären, was heißt das denn, wenn eine Person nicht binär ist?
Du hast auch selber Modelerfahrung. Eine typische Erwartung an Models ist, dass sie dünn sein sollen. Spürst du diesen Druck, dass du das Gewicht halten musst?
Findest du das problematisch?
Es kommt darauf an, in welcher Sparte oder Branche du arbeitest. Wenn du für Sportmarken modelst, musst du oft trainiert sein. In High Fashion musst du oft extrem dünn sein. Das finde ich schon problematisch. Es gibt natürlich auch Gründe, wieso unsere Gesellschaft jetzt an diesem Punkt ist. Zum Beispiel weil viele Designer*innen sagen, ihnen gefällt Mode besser auf dünnen, großen Körpern. Es gibt aber auch Models, die zum Beispiel curvy sind, die sich nicht an diese Normen halten und trotzdem erfolgreich sind, auch in Highfashion. Ich glaube aber auch, dass Mode am Ende des Tages etwas mit Identität zu tun hat. Wer bist du, wie ziehst du dich an, wie zeigst du dich? Wenn du einfach du bist und dich und die Marke, für die du modelst, repräsentieren kannst, dann funktioniert es auch. Egal ob auf dem Runway oder auf Fotos. Damit kann man auch sehr weit kommen und auch ein Supermodel werden. Ein Beispiel ist Kate Moss, die nur 1,70 Meter groß ist und damit eigentlich zu klein. Und trotzdem ist sie ein Supermodel. Es funktioniert, es muss aber auch gewollt sein. Leider ist es oft nicht gewollt, weil sonst das Monopol und die Macht über Schönheit und Schönheitsnormen verloren gehen würden.
Hat man am Ende tatsächlich Chancen, wenn man nicht den Schönheitsidealen entspricht?
Deine Agentur “Enfant Terrible Society” gibt es jetzt seit viereinhalb Jahren und mit der möchtest du unter anderem einen Beitrag zu Diversität leisten. Deswegen castest du auch nur eine bestimmte Gruppe von Menschen. Wie ist denn die Idee für die Agentur entstanden und was ist das Ziel?
Das bedeutet also, eine lesbische Frau oder ein schwuler Mann zum Beispiel, die vermutlich auch eine Art von Diskrimnierung in ihrem Leben erfahren, werden von deiner Agentur nicht gecastet?
Als du die Agentur gegründet hast, gab es da mal eine Situation wo Menschen gesagt haben, so etwas braucht es eigentlich nicht?
Ich glaube, dass wir in einem Zeitalter von political correctness leben. Niemand hätte gesagt, wir brauchen so eine Agentur nicht. Alle sagen, es ist toll und schön, dass es uns gibt und ich dieses Projekt gestartet habe. Ob sie dann aber zu uns kommen und Models buchen, ist eine andere Frage. Und leider bekommen wir immer wieder Anfragen, wo wir als als Charity behandelt werden. Manche Menschen glauben, wir machen das rein aus gutem Willen und darum müssen sie uns nichts bezahlen. Aber wir sind ein Unternehmen und sie sind ein Unternehmen, im Endeffekt ist es ein Geschäft. Ich habe öfter das Gefühl, dass Menschen, die keine Diskriminierung erfahren, glauben, dass sie etwas Gutes tun, wenn sie ein Model von uns buchen und schon damit etwas geleistet haben.
Der Begriff Diversität kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Vielfalt.
Diversität bezeichnet Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Menschen innerhalb einer bestimmten Gruppe oder Organisation, die im jeweiligen gesellschaftlichen Zusammenhang mit Vor- und Nachteilen, mit Privilegien und Diskriminierung verbunden sein können.
Ab wann ist denn ein Fotoshootings oder ein Runway divers?