Ein Leben für das Radio – Ein Portrait über Martina Rupp

Ein Leben für das Radio – Ein Portrait über Martina Rupp

Von Eva E. Zecha

Im August 2021 ist eine der bekanntesten weiblichen Radiostimmen Österreichs in Pension gegangen. Martina Rupp hat populären Sendungen wie dem Ö3-Wecker oder „Guten Morgen am Sonntag“ ihre Stimme verliehen. In der ORF-Informationssendung „Konkret“ hat sie Konsument:innen über aktuelle Themen zu Verbraucherschutz und Zuseher:innen-Fragen aufgeklärt. In diesem Interview erzählt Martina Rupp von ihrer 42-jährigen Tätigkeit beim ORF.

Als 18-Jährige begann Martina Rupp ihre Karriere beim Radio, und wurde sogleich mit der geschlechterstereotypen Arbeitsatmosphäre der frühen Achtzigerjahre konfrontiert. „Ich habe immer ganz klar gesagt, was ich nicht so gut finde und dass sie das bitte ändern sollen.“, „Ich war mit 18 genauso drauf wie jetzt. Genauso feministisch.“, sagt Martina Rupp heute, und dass sie mit ihrer Einstellung damals bei den männlichen Kollegen ordentlich aneckte.

© accelent

„Ich war mit 18 genauso drauf wie jetzt. Genauso feministisch.“

Notorisches Unterbrechen, das Rauchen während Redaktionssitzungen, untergriffige Bemerkungen gegenüber Frauen. Bei den gesellschaftlichen, wie auch den rechtlichen Rahmenbedingungen, hat sich in den vergangenen 40 Jahren, nicht zuletzt durch die beherzten Initiativen von emanzipierten Persönlichkeiten wie Johanna Dohnal, oder Gesetzesänderungen wie die Einführung des sogenannten „Pograpsch-Paragrafen“, viel bewegt. Aber auch bei den Fernsehsendern hat ein neues Frauenbild Einzug gehalten, „und das ist durchaus ein Erdbeben, weil früher musstest du 35 Jahre jung, 1,75m groß, 55 Kilo schwer sein. Oder du warst der Typ ‚goschert, aber lustig‘. Nein, das hat sich angepasst.“, so die ehemalige Moderatorin. Dass das optische Erscheinungsbild im Fernsehbereich nach wie vor wichtig ist, sei nicht von der Hand zu weisen, aber Faktoren wie Kompetenz und Erfahrung haben jetzt, vor allem für Frauen, mehr Gewicht bekommen.

Die Anfänge

Ihren Werdegang beim ORF hat Martina Rupp nie bereut. Der Grundstein ihrer Karriere wurde mit der Vertonung eines Hörerbriefes gelegt, den die damals 15-Jährige eingeschickt hatte. Über das Zeilenhonorar freute sie sich seinerzeit gewaltig. Heute sagt die 60-Jährige über dieses Erlebnis: „Radio war für mich tatsächlich das Größte. Das größte Medium, die größte Kunstform, das Spannendste … Dass mir der Einstieg gelungen ist, und dass ich mich halten und weiterentwickeln konnte, hat mich so beglückt in meinem Leben.“

„Ich war die erste Frau in einem DJ-Studio in Österreich, die erste, die CDs gespielt hat.“

Das redaktionelle Handwerk lernte die junge Studentin beim Radiosender Ö3. Dazu gehörten unter anderem das Schneiden auf analogen Bandgeräten, sowie Interviewführung und Sprechtechnik. Das Dreifach-Studium Publizistik, Politikwissenschaft und Pädagogik hängte die engagierte Sprecherin bald darauf an den Nagel, und übernahm die Leitung über die von ihr moderierte Jugendsendung „Zickzack“. ORF-Persönlichkeiten wie Peter Rapp, oder Künstler wie der junge Falco zählten zu ihren beruflichen Wegbegleitern. Martina Rupp erinnert sich: „Am Anfang, als ich bei Ö3 begonnen habe, beim ‚Treffpunkt‘, waren alle ganz jung. Ich habe den Falko interviewt und war natürlich wahnsinnig unsicher, und er war noch viel unsicherer. Alle standen ganz am Anfang.“

Auch auf den Zug der rasanten technologische Entwicklung, der in der Unterhaltungsbranche stattfand, sprang Martina Rupp auf: „Ich war die erste Frau in einem DJ-Studio in Österreich, und die erste, die CDs gespielt hat.“

Rückblick und Ausblick

Die letzten sieben Jahre moderierte Frau Rupp sonntags den ‚Ö3-Wecker‘. Wo andere sich darauf freuen, gemütlich ausschlafen zu können, begann der Tag für die Moderatorin bereits um 3:30 Uhr. Dazu sagt die nunmehrige Pensionistin: “In meinem Alter ist das eigentlich furchtbar. Trotzdem habe ich mich dabei ertappt, wie ich dort stehe, einen Mix mache und mir denke: Es war so auf den Punkt genau, und so richtig. Das ist es, das ist mein Job! … Mich hat es wahnsinnig glücklich gemacht. Ich würde es jederzeit genauso wieder machen.“

„Mich hat es wahnsinnig glücklich gemacht.

Ich würde es jederzeit genauso wieder machen.“

Über die Zukunft des Radios macht sich die langjährige Medienschaffende keine Sorgen. Schon vor 40 Jahren, mit dem Aufkommen der ersten Musikvideos und MTV wurde der Abgesang auf das Radio gestartet. Warum es nach wie vor das Radio braucht, erklärt Martina Rupp folgendermaßen: „Unsere Hörer brauchen verlässliche Begleiter in den Tag. Brauchen Menschen, die sich mit aktuellen Ereignissen beschäftigen, diese einordnen und kommentieren. Die wenigsten Leute kommen dazu, sich Pressekonferenzen anzuhören und alle Kommentare dazu durchzulesen. Die Hörer brauchen Hintergrundinformationen. Und in der Rushhour beim nach Hause fahren erzählt man, wie sich das Thema, das wir im Wecker angeschnitten haben, untertags entwickelt hat.“

Für ihre persönliche Zukunft nach dem Radio bleibt Martina Rupp dem auditiven Medium erst einmal erhalten, denn sie spricht aktuell für eine Informations-Kampagne über Gürtelrose Podcasts ein, die online für jedermann und jederfrau abrufbar sind. Dieses Thema ist für die ehemalige Moderatorin eine Herzensangelegenheit, da sie selbst daran erkrankt ist und bei der Zielgruppe der über 50-Jährigen ein Bewusstsein für diese Krankheit schaffen möchte. Darüber hinaus, genießt Frau Rupp nun nach Herzenslust ihre viele Freizeit. Martina Rupp zu ihren Plänen: „Es gibt noch ein tolles Projekt, vielleicht mache ich das doch. Aber nur mehr das, was ich wirklich kann und mag.“


Mehr Informationen unter:

https://guertelrose-info.at/podcast-mit-martina-rupp/

https://der.orf.at/unternehmen/who-is-who/tv/rupp100.html

Das Interessanteste ist der Mensch dahinter

Das Interessanteste ist der Mensch dahinter

Astrid Koreska ist Moderatiorin beim privaten Radiosender Radio Arabella. Bei uns durfte sie einmal den Platz tauschen und hat einmal nicht selbst das Mikro in der Hand, sondern wird von uns interviewt. Dabei verrrät sie uns wie man beim Radio Moderator:in werden kann, was ihr für Missgeschicke im Sender passiert sind und wie ihr perfektes Wochenende aussieht.

Astrid Koreska beim moderieren ©Astrid Koreska

„Da muss man eine dicke Haut haben“

Seit 23 Jahren frühstückt Claudia Stöckl live im Radio mit Persönlichkeiten aus Kultur, Wirtschaft, Society oder Politik. Niki Lauda war genauso Gast wie Barbara Schöneberger, Conchita Wurst oder Herbert Kickl. Stöckl spricht über Tricks bei der Vorbereitung auf ein Interview, warum es von Vorteil ist schon länger im Geschäft zu sein und über Anfeindungen aufgrund kontroverser Gäste.

Ihre Sendung „Frühstück bei mir“ läuft bereits seit 1997 jeden Sonntag auf Ö3. Wie frühstückt es sich nach so vielen Jahren?

Noch immer mit sehr viel Begeisterung. Es ist einfach großartig Woche für Woche die Welten von Menschen kennenzulernen, sie zu hinterfragen und dann nach sehr viel Recherche den Hörern präsentieren zu dürfen. Ich bin davon überzeugt, dass das Gesagte umso spannender wird, desto mehr man über eine Person weiß. Denn die guten Geschichten kommen nicht sofort. Deshalb versuche ich neue Perspektiven einzunehmen und heikle Punkte zu finden, wo dann Emotionen hochkommen.

Wie recherchieren Sie, um diese „heiklen Punkte“ zu finden? Was ist Ihr Trick?

Ich versuche immer im Vorfeld Gespräche mit Leuten zu führen, die meinen Gast gutkennen. Das kann die Partnerin oder der Partner sein, die Mutter oder der beste Freund. Vor einigen Wochen zum Beispiel hatte ich den Manager von Dominic Thiem, Herwig Straka, zu Gast. Thiem gewann nur wenig Tage zuvor seinen ersten Grand-Slam-Titel. Das war ein historisches Ereignis. Also rief ich Strakas besten Freund an, der seine Entwicklung seit Jugendtagen beurteilen kann. Das war ein herrliches Gespräch.

Wo sind für Sie die interessantesten Momente während eines Interviews?

Die spannenden Momente finden sich oft zwischen den Zeilen des Gesagten. Die Stimme transportiert so viel: Die Pausen, das Lachen, das Zaghafte. Manchmal bricht eine Stimme weg und ich merke, da sagt jemand vielleicht nicht ganz die Wahrheit. Das muss ich als Interviewerin natürlich mitdenken.

Ging ein Interview auch schon einmal komplett schief?

Fehler und Hopplas gibt es natürlich. Die sind aber meistens technischer Natur. Vor einigen Jahren gab es eine Episode mit Niki Lauda, den ich im Hotel Imperial zum Frühstück traf. Wir saßen also zusammen und die Aufnahme lief. Jedoch durch eine unabsichtliche Bewegung meines Beines, zog ich das Kabel aus der Steckdose heraus und die Aufnahme brach ab. Als ich das merkte erstarrte ich und mir wurde heiß und kalt gleichzeitig. Leider speicherte das damalige Gerät auch die ganze vorherige Stunde Gespräch nicht. Lauda merkte, dass ich nervös geworden war und ich gestand ihm das Missgeschick. Gottseidank willigte er ein, mich am nächsten Tag noch einmal zu treffen. Aber so ein Interview, das muss ich auch sagen, wird beim zweiten Mal nie so gut. Er wusste nun die Fragen und so manches erzählt man beim ersten Mal anders, gerade wenn eine überraschende Zwischenfrage kommt. Lauda war dann vorbereitet auf mich.

Durch die vielen Jahre, die Sie im Geschäft sind, kennen Sie einige Gäste nun auch persönlich. Kann das von Vorteil sein?

Manchmal ist es von Vorteil ja, gerade in dieser Branche. Ich habe 1992 begonnen als Society Reporterin für „Ö3 dabei“ und war jeden Abend bei Theaterpremieren oder Konzerten. Allein den Opernball habe ich 14 Mal als Reporterin besucht. Ich begleitete viele Menschen über Jahre hinweg. Vor mittlerweile elf Jahren etwa sagte Roland Düringer zu mir: „„Hauptsache man steigt aufs Gas und wer bremst verliert“. Nun fünf Jahre später schrieb er mir: „besser ein bisschen zu langsam als viel zu schnell.“ Ich bekam die Wandlung dieses Menschen mit, der am Anfang ein Benzinbruder war, der die Stadthalle füllte und nun ist er in seinen Wohnwagen gezogen, hat sich komplett verändert, all seine Autos verkauft und ist öko-mäßig unterwegs.

Ist es auch von Vorteil den Gast sympathisch finden?

Das finde ich gar nicht. Sympathie ist für mich keine Kategorie. Selbst wenn ich Politiker interviewe, die überhaupt nicht meiner politischen Überzeugung entsprechen, dann ist das schon ein Gebot, vor allem bei einem öffentlich-rechtlichenSender, dem neutral zu begegnen.

Sympathie ist bei Politiker*innen demnach keine Kategorie. Wie schaut es mir Distanz aus?

Distanz ist sehr wichtig, das stimmt. Das erwartet der Hörer auch. Da geht’s auch weniger um diese emotionalen Dinge sondern mehr darum auch die Widersprüche der politischen Entscheidungen aufzuzeigen. Aber natürlich, bei einem Interview mit einem Politiker, kann man nicht gewinnen, weil der Hörer natürlich eine eigene Position zu dem Politiker, zu der Partei hat und sich auch seine Meinung gemacht.

Große Aufmerksamkeit erzeugte Ihr Interview mit dem damaligen Innenminister Herbert Kickl. Viele haben sich gefragt, ob ein Interview im Format von „Frühstück bei mir“ mit jemanden wie ihm passend ist.

Das ist finde ich eine interessante Auffassung. Warum soll das nicht passend sein? Ich hatte Politiker aller Couleurs bei mir zu Gast. Es ist ja das schöne, dass ich die Freiheit habe nicht nur politische Fragen zu stellen, sondern auch über den Umgang mit Kritik, über Ehe oder Erziehung. Herbert Kickl hat als Minister über Wochen und Monate für großen Diskussionsstoff gesorgt. Deswegen war es sehr spannend ihn zuinterviewen. Aber wir wissen in Zeiten von sozialen Medien, was das für einen Rattenschwanz an Reaktionen mit sich zieht. Gerade beim Kickl-Interview war es tough, was sich da abspielte.

Auch kontroverse Personen wie Herbert Kickl waren bei Claudia Stöckl zu Gast. © Martin Krachler/Hitradio Ö3

Was genau hat sich da abgespielt?

Es ging sehr in die Richtung persönlicher Anfeindungen und Hasspostings. Ich bin danicht die einzige. Damit haben viele Kolleginnen, gerade jene die Polit-Interviews machen, zu kämpfen wie Susanne Schnabl (Anmerkung: Moderatorin des ORF-Innenpolitik-Magazins Report). So eine Sendung muss schon gut überlegt sein. Will ich eine Sendung, die in so einem Ausmaß auch negative Emotionen gegen meine Person provoziert? Will ich sowas durchtragen? Da muss man eine dicke Haut haben.

War es ihre Entscheidung Herbert Kickl einzuladen?

Ich bestimme die Gäste nicht selbst. Das ist das Resultat einer Redaktionskonferenz mit unserem Ö3-Chef Georg Spatt, der die Strategie und die Linie vorgibt. Er ist derjenige, der sich die überlegt, wie der Sender positioniert wird. Ich schlage viele Gäste vor, viele andere aus der Redaktion bringen auch Namen, die in der Sitzung diskutiert werden. So werden dann auch die Gäste ausgewählt.

Gibt es jemanden, den sie gerne eingeladen hätten, aber durften nicht?

Das sind bei jeder Sitzung so viele. Also ich bin sicher in meinem Denken so, dass ich gerne „alte, weiße Männer“ einlade (lacht). Beispielsweise war neulich Claus Peymann wieder in Wien (Anmerkung: früherer Direktor des Burgtheaters). Er ist ein wahnsinnig gescheiter Mann und für mich ist das natürlich toll, wenn jemand so gut formuliert und Geschichten lebendig erzählen kann. Das sind mir die liebsten Gäste. Aber er ist leider nicht durchgegangen, weil wir mit Ö3 lieber ein junges Publikum ansprechen möchten.

Wen würden Sie in Zukunft noch gerne in die Sendung bekommen?

Dominic Thiem zum Beispiel. Aber das ist schwierig weil die Eltern alles mitentscheiden und sehr vorsichtig sind. Gerade bei Thiem, der gerade ein Weltstar wird, wird jeder Satz auf Waagschale geworden.