Durch die Augen von AI (artificial intelligence)
Leonie Grassauer
Sie sind gerade der letzte Schrei: Apps die mit ein paar Stichworten in wenigen Sekunden ein einzigartiges Kunstwerk kreieren. Über Nacht scheinen diese Bildgeneratoren im Mainstream gelandet zu sein – was offen bleibt ist die Frage nach der Urheberschaft.
Dieses Interview soll einen Anhaltspunkt über die derzeitige Entwicklung der künstlichen Intelligenz im künstlerischen Bereich liefern. „Befragt“ wurden das Forschungsprogramm Dall-E sowie die Apps starryAI, Dream und Wonder. Durch die Kunststudentin Lena Klausberger und den Urheberrechtsexperten Matthias Heltschl werden die abstrakten Antworten der verschiedenen AI-Programme in einen Kontext gesetzt.
Was ist Kunst?
ist Studentin an der Universität für angewandte Kunst in Wien.
“Für mich ist Kunst allgemein dann Kunst, wenn die Person, die das Werk geschaffen hat, sagt: „Das ist Kunst.“ Natürlich nur solange es niemandem schadet, aber für mich steht eher die Intention im Vordergrund als das tatsächliche Werk. Zum Beispiel, wenn jetzt jemand auf die Straße kackt und sagt, dass es Kunst ist, dann würde ich das auch als Kunst akzeptieren. Der Begriff Kunst an sich ist nicht definiert und deswegen kann ihn jeder für sich definieren.”
Was ist das Urheberrecht?
ist Rechtsanwaltsanwärter bei Völk Law mit Schwerpunkt auf Urheber- recht. In der Akademie der bildenden Künste sitzt er im Universitätsrat.
Das Urheberrecht schützt die künstlerische Leistung.
“Einerseits die Kultur innerhalb einer Gesellschaft zu schützen und andererseits dem einzelnen Urheber eine Möglichkeit zu schaffen, seine Rechte und seinen Erwerb zu sichern. Bei ‚künstlicher Kunst‘ stellt sich die Frage, inwieweit man die Technologie nutzt, um künstlerisch tätig zu werden. Als Faustregel im Urheberrecht kann man sagen, dass sie ein verlängerter Arm des Kunstschaffenden, also ein Werkzeug sein soll.”
Wie erschafft eine AI künstliche Bilder?
Im Hintergrund der Programme laufen Datenbanken, die mit zahlreichen beschrifteten Bildern gefüttert werden. Dadurch lernt die künstliche Intelligenz wie Objekte oder Konzepte aussehen. Es können verschiedene Kunststile imitiert werden und die Bilder haben eine Bandbreite von täuschend echt bis hin zu surrealer Traumwelt. Jedes Programm arbeitet mit eigenen Datenbanken und jedes generierte Bild ist ein Einzelstück.
Was ist Inspiration?
“Inspiration kann alles Mögliche sein. Andere Kunst- schaffende, Personen, aber
für mich vor allem Spaß. Also mir ist halt wichtig, dass meine Kunst Spaß macht. Kreativität ist innovativ sein, weiterdenken als die Norm und das, was es schon gibt.“
Was ist Kreativität?
“Ich finde, gerade als Kunst- schaffende Personen sollte man offen dafür sein, neue Medien zu nutzen. AI für Kunst zu verwenden finde ich sehr spannend und es ist einfach ein Tool, das einem neue Möglichkeiten offenbart.“
Wem gehören die AI-erschaffenen Bilder?
“Das Urheberrechtsgesetz geht davon aus, dass Urheber ist, wer das Werk geschaffen hat – sprich es können nur natürliche Personen sein. Eine andere Frage ist die Abgrenzung: Wie weit darf ich Vorbestehendes verwenden und das ist natürlich schwierig, weil all unsere Kulturgüter auf etwas vorhergehendes zurückgreifen. In diesem Falle vielleicht noch schwieriger: Sieht man in dem Prozess der Auswahl und der Anordnung schon eine künstlerische Leistung? Und da entfernt man sich dann schon von dem Grundgedanken des Urheberrechts, dass das Ergebnis des künstlerischen Schaffens aus der eigenen eigentümlichen Persönlichkeit hervorgeht.”
Was ist der Disput des Selfie-machenden Affen?
“Die Frage hat sich dargestellt, ob man das Selfie dem Affen zuschreibt, der auf den Auslöser gedrückt hat. Oder dem Fotografen, der die Kamera besitzt und die Einstellungen getroffen hat. Nichts anderes ist die Frage rund um die AI’s – wo setze ich an? Ich würde vorschlagen, dass man gesetzgeberisch tätig wird. International wird auch überlegt, ob man nicht ein neues Schutzrecht schafft, an dem sich Länder orientieren können.
Was ist der Sinn des Lebens?
42 ist in dem Roman ‚Per Anhalter durch die Galaxis‘ die von einem Supercomputer errechnete Antwort auf die „endgültige Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“. Das Bedürfnis, eine allumfassende Antwort auf existenzielle Fragen zu erhalten, wird nicht nur literarisch, sondern auch in der Kunst immer wieder aufgegriffen.
Die hier dargestellten Antworten spiegeln jedoch nicht die Antworten einer eigenständig denkenden – allwissenden – Intelligenz wieder. Stattdessen sind sie ein Ergebnis, kreiert aus unzähligen Bildern, die in Datenbanken eingespeist wurden. Nichtsdestotrotz ein spannender Blick in den Spiegel der Selbstverständnis und inspirierende Anregung zum Philosophieren.
Was ist das Ende der Menschheit?
Was ist Nichts?
Das Aufkommen der Bildgeneratoren ist ein technischer Schritt, der neue Möglichkeiten und kreatives Umdenken schafft. Die Kamera und das Internet haben ihrer Zeit ebenfalls Herausforderungen geliefert und sind heute aber nicht mehr wegzudenken. Wer weiß, ob es den KI-Bildern genauso ergeht. Die Fragen rund um die Urheberschaft bei den AI-Bildern zeigen laut Dr. Matthias Heltschl nur auf, dass im Bezug auf das „Web 4.0“ die Grenzen zwischen der realen und der virtuellen Welt zunehmend verschwinden. Die rechtlichen Grundlagen müssen neu gedacht und angepasst werden. Kunstschaffende vermögen sich hier wohl schneller anzupassen und vor allem junge technik-affine Menschen begrüßen die schier unendlichen Möglichkeiten, die die innovativen Programme schaffen. Wenn im Bezug auf AI-Kunst die alt bekannte „Das hätte ich auch machen können?“-Stimme laut wird, dann hat Lena Klausberger nur eine Gegenantwort: „ Ja, dann mach! Geh raus und mach!.“