Abgefuckt im Theater

Zur Zeit im Vestibül zu sehen: Abgefuckt
Zur Zeit im Vestibül zu sehen: Abgefuckt (Credit: Alexander Zauner)

Abgefuckt heißt nicht nur dieses Interviewmagazin, sondern auch eine Produktion des Burgtheaters. Laetitia Toursarkissian und Edward Lischka spielen darin die Hauptrollen. Vor einer ihrer Aufführungen treffen wir sie zum Interview über ihr Leben in der Schauspielbranche.

von Alexander Zauner, 03.01.2024

Länge: 17:15

„Ob es verboten ist oder nicht, Sexarbeit wird es immer geben.“

Ella* ist Elementarpädagogin. Was in ihrer Arbeit niemand weiß: Sie war auch Sexarbeiterin. Für einen Monat hat sie sich mit Männern getroffen, um mit ihnen Sex für Geld zu haben. Wir haben sie im November 2023 interviewt und mit ihr über ihre Perspektiven gesprochen.

*Ella wollte für dieses Interview anonym bleiben. Ihr Name wurde geändert.

Wie bist du zur Sexarbeit gekommen?

Ich bin ziemlich aktiv auf Instagram und rede dort sehr offen über Sex und Sexualität. Bei einer Fragerunde hat mich mal jemand gefragt, ob ich schon mal überlegt habe, Nacktbilder zu verkaufen. Am Anfang hatte ich keinen Plan davon, wie man das macht. Ein Euro für ein Bild? Oder zehn? Dann habe ich begonnen, mich zu informieren und das ordentlich zu machen. Vor einem Jahr habe ich dann angefangen, mich mit Männern für Geld zu treffen.

Was arbeitest du hauptberuflich?

Ich arbeite als Elementarpädagogin im Kindergarten und bin ausgebildete Sexualpädagogin.

Hat das mal zu Problemen geführt?

Nein, eigentlich nicht. Aber die Angst, dass auf einmal der Papa eines Kindes vor mir steht, war schon da. Ist aber zum Glück nie passiert.

Wie viel hast du verdient?

Ich habe für eine Stunde 100 € verlangt. Es gibt viele, die mehr verlangen, aber auch welche, bei denen es unter 100 € kostet. Ich hätte mehr verlangen können, hätte dann aber länger gebraucht, Kunden zu finden, und so wäre es dann wieder weniger Geld gewesen.

Welche Plattform hast du benutzt?

Ich habe das über die Website Booksusi gemacht. Dort kann man ein Profil erstellen. Für das zahlt man 20–25€ in einem Monat – das hat man schnell wieder drinnen. Auf dem Profil lädt man Bilder hoch und gibt Kategorien wie Größe, Gewicht und Haarfarbe an. Und welche Services man bietet. Da gibt es viel Verschiedenes, wie Blowjob, Fetischkategorien und so weiter. Und die Kunden suchen dann genau nach diesen Kategorien.

Benutzt du Onlyfans?

Habe ich mal probiert, aber sehr schlechte Erfahrungen damit gemacht. Man muss 15 Prozent des Verdiensts abgeben. Das klingt nicht so viel, ist aber sehr viel dafür, dass sie gar nichts für dich machen. Zum Beispiel musst du deine Werbung selbst über eine externe Plattform schalten.

Unter Sexarbeit wird die „gewerbsmäßig und gegen Entgelt erbrachte Handlungen mit Körperkontakt“ definiert. 1974 wurde Sexarbeit in Österreich  in Österreich entkriminalisiert und unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. In den Bundes- und Landesgesetzen wurden dazu genaue Regelungen festgelegt. Sexarbeiter:innen sind beispielsweise dazu verpflichtet, sich regelmäßig auf sexuell übertragbare Krankheiten und Infektionen wie HIV und Syphilis zu testen.

Ist Sexarbeit Arbeit?

Ja, da gibt es eh seit langer Zeit die Diskussion. Weil viele meinen Sexarbeit sollte verboten werden. Weil Frauen ausgebeutet werden und aus Zwangssituationen oder einer prekären Situation heraus quasi dazu gezwungen sind. Und weil wir im Patriarchat leben und es viele Männer gibt, die Frauen ausnutzen und übergriffig sind. Ich finde in der Diskussion wird viel zu wenig differenziert. Ich habe meine Ausbildung zur Sexualpädagogin bei der Beratungsstelle Sophie gemacht und dort sehr viel dazugelernt. Ich verwende zum Beispiel bewusst den Begriff Zwangsprostitution nicht. Was mit dem Begriff eigentlich gemeint ist, ist Menschenhandel. Und das ist illegal und sollte es natürlich nicht geben. Das, was freiwillig passiert, ist Sexarbeit. Es ist für viele einfach Lohnarbeit. So wie andere halt Reinigungskraft sind. Und die wenigsten sind gerne Reinigungskraft. Die Wenigsten lieben ihren 40-Stunden-Job. Manche machen eben lieber Sexarbeit, um Geld zu verdienen.

Es gibt Menschen, die Sexarbeit verbieten wollen. Was hältst du davon?

Ob es verboten ist oder nicht, Sexarbeit wird es immer geben. Darum finde ich machen Verbote hier keinen Sinn. Es führt nämlich nicht dazu, dass es nicht passiert, sondern nur dazu, dass die Arbeit nicht geschützt ist. Es gibt dann keine Regelungen und keine Rechte für die Sexarbeiter:innen. Es soll eher an sicheren Bedingungen gearbeitet werden und offener darüber gesprochen werden. Und Betroffene sollten, wie immer, miteinbezogen werden.

Was waren Probleme, mit denen du konfrontiert warst?

Auf Booksusi kannst du deine Nummer angeben und deine Arbeitsbedingungen festlegen. Ich habe meine Arbeitszeiten angegeben und dass ich nur über das Profil kontaktiert werden möchte. Das ignorieren aber fast alle. Ich wurde den ganzen Tag über angerufen. Sie versuchen auch oft zu verhandeln. Ich habe angegeben, dass eine Stunde mit Kondom 100 € kostet. Im Endeffekt schreiben sie mir auf WhatsApp; „Eine Stunde ohne Kondom für 50€ okay?” Du hast also viel mit nervigen Typen zu tun und die Arbeit ist sehr zeitintensiv.

Welche Info hättest du gerne früher gehabt?

Es gibt sogenannte „Tastenwichser“. Das sind Typen, die nur mit dir schreiben und wollen, dass du ihnen Bilder schickst. Im Endeffekt wollen die kein Treffen. Sie versuchen nur so viel wie möglich herauszuholen, ohne zu zahlen. Darauf bin ich am Anfang reingefallen, das hätte ich gerne früher gewusst.

Wer war dein jüngster Kunde? Wer dein Ältester?

Der Jüngste war 19 Jahre alt. Ich war sein erstes Mal. Mein ältester Kunde war ein 56-jähriger, erfolgreicher Geschäftsmann.

Außergewöhnlichster Kunde?

Einmal hatte ich einen Kunden, den fand ich sehr spannend. Der war 30 Jahre alt und hatte eine Sexsucht. Der hat seine Arbeit geschwänzt, um zu Sexarbeiterinnen zu gehen. Er war sonst eigentlich kein außergewöhnlicher Typ. Er hat bei einer Menschenrechts-NGO gearbeitet und war eigentlich ziemlich cool.

Lieblingskunde?

Da gibt es zwei, ein Couple, von dem die eine selbst einmal Sexarbeiterin war. Die waren sehr respektvoll zu mir und irgendwie lustig. Er war früher auch Kunde von ihr, und dann sind sie zusammengekommen und jetzt seit 5 Jahren verheiratet. Und einmal habe ich ein bisschen auf einen Kunden gecrusht. Wir haben uns dann einmal noch getroffen, aber daraus ist dann nichts geworden.

Sind alle Kunden so nett?

Mir ist wichtig zu sagen, dass ich aus einer sehr privilegierten Situation erzähle. Ich habe das neben meinem Job gemacht, um mir Geld dazu zu verdienen. Ich war nicht davon abhängig. Das heißt, ich konnte mir die Kunden aussuchen und hatte nur nette, respektvolle Kunden. Andere haben dieses Privileg nicht, und es gibt natürlich viele widerliche Typen. Viele haben auch Migrationsgeschichte, können sich so weniger gut verständigen und sind verstärkt Diskriminierung ausgesetzt.

Welche Grenzen hast du gesetzt?

Ich habe nie meinen richtigen Namen verraten. Meine Bilder sind immer ohne Gesicht. Generell habe ich private Infos, wie meinen Job, für mich behalten. Und ich habe manche Services nicht angeboten. Ich hatte zum Beispiel nie ohne Kondom Sex, auch nicht für mehr Geld. Außerdem habe ich nie Hausbesuche gemacht. Das war mir zu unsicher.

Symbolbild Pixabay

Wo waren die Treffen?

Ich hab übers Wochenende Hotels in Wien gebucht. Da gibt es Hotels, die man online bucht, die keine Rezeption haben, sondern Zimmercodes. Das hat mich unter 100 Euro gekostet. Das hatte ich leicht wieder drinnen. Und es hatte den Vorteil, dass ich die Typen vorher duschen schicken konnte.

Symbolbild Pixabay

Wie viele Stunden hast du gearbeitet?

Übers Wochenende hatte ich maximal sechs Kunden. Also höchstens drei pro Tag, das war mein Limit. Aber die Arbeit ist ja viel mehr als das. Du bekommst durchgehend Anfragen und Anrufe. Du musst aussortieren und dir Treffen ausmachen. Das ist alles in allem sehr zeitintensiv.

Wie hat dein Umfeld reagiert, wenn sie von deinem Nebenjob erfahren haben?

Es gab sicher auch negative Reaktionen, aber ich kann dir jetzt keine explizite nennen. Weil es mir auch egal ist, wenn Leute das nicht gut finden. Ich bin eine sehr offene Person, was das betrifft. Ich glaube, dadurch, dass ich so offen damit umgehe, könnte man mich auch nicht so damit fertig machen.

Hast du deinen Eltern davon erzählt?

Ja, ich habe meiner Mama davon erzählt. Meine Mama ist aber auch sehr offen, was das betrifft. Sie hat selbst eine Ausbildung zur Sexualpädagogin und geht auch immer wieder in Swingerclubs. Die hat damit also kein Problem und weiß auch selbst, wie das so abläuft. Mein Papa weiß nicht Bescheid, aber ich habe ihm das nie bewusst nicht erzählt. Also ich hätte kein Problem damit, wenn er es weiß. Bis jetzt hat es sich nur noch nicht ergeben.

Welches Gefühl verbindest du mit Sexarbeit?

Ich habe die Zeit sehr positiv in Erinnerung. Aber es war immer noch Arbeit für mich. Und es macht schon etwas mit einem. Ich weiß nicht, ob es gesellschaftliche Vorurteile sind oder etwas Persönliches, aber irgendwas macht es mit einem.

Würdest du es noch einmal machen?

Ich verkaufe immer noch Bilder und Videos. Treffen kann ich mir derzeit nicht vorstellen. Weil es einfach sehr zeitintensiv ist. Das war auch der Grund, wieso ich mit den Treffen wieder aufgehört habe. Ich habe ja schon einen Vollzeitjob.

Was fuckt dich ab, wenn du an Sexarbeit denkst?

Das Unwissen. Die vielen Vorurteile und Stigmata. Und vor allem das Schwarz-Weiß-Denken. Ich finde nicht, dass Sexarbeit feministisch ist, aber auch nicht per se antifeministisch. Es gibt ganz viele verschiedene Arten von Sexarbeit. Da sollte viel mehr differenziert werden.

Das Thema Sexarbeit wird in der Gesellschaft sehr kontrovers diskutiert. Die Debatte reicht von der Anerkennung von Sexarbeit als legitime Erwerbsquelle bis hin zur Argumentation der Ausbeutung von Frauen und der Gefährdung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung. 

Kleine Geschäfte, große Verluste – Das Verschwinden von Wiens einzigartigen Nischenläden

Qualität vor Quantität. Das unterscheidet kleine Nischengeschäfte von großen Handelsketten wie Ikea & Co. Ein Paradebeispiel dafür ist das Eisenwaren- und Haushaltsgerätegeschäft Menning-Balatka. Es ist aber auch eines der vielen traditionsreichen Wiener Geschäfte, das vom sogenannten Geschäftesterben betroffen ist. Hohe Fixkosten und ein sich wandelndes Konsumverhalten lassen Nischen wie diese immer mehr aus dem Stadtbild verschwinden.

Wir haben im Dezember 2023 mit dem Inhaber Christian Balatka gesprochen. Nach über einem Jahrhundert Betrieb hat er Ende des Jahres die Türen seines Geschäfts für immer geschlossen. Mit dieser schmerzhaften Entscheidung musste Balatka nicht nur Abschied vom Geschäft seines Großvaters nehmen, sondern vor allem von unzähligen Erinnerungen und der tiefen Verbindung zu seinen Kund:innen.

Industrie unserer Bequemlichkeit

Ein freundlicher Blick, Routinehöflichkeit, vielleicht Trinkgeld. Es ist eine flüchtige Begegnung, wenn wir an der Tür das Essen vom Lieferboten entgegen nehmen. Die Erinnerung an das Gesicht verschwimmt hinter dem warmen Geruch der sehnsüchtig erwarteten Mahlzeit. Wir würden es aber ohnehin nicht wiedererkennen. Auf der Straße ist es eines von vielen in einer Masse aus pinken, grünen und orangenen Signalfarben auf elektrifizierten Zweirädern.

Gehören bei Wind und Wetter zum Stadtbild: Fahrradbotinnen und Fahrradboten (Credit: Alexander Zauner)

Markus weiß bestens über den Job Bescheid. Neben dem Studium war er selbst für mehrere Lieferservice-Anbieter unterwegs und fährt heute noch ab und zu. Radfahren ist für ihn ein Hobby und er engagiert sich ehrenamtlich für andere FahrradbotInnen beim Riders Collective – einer Initiative des ÖGBs, die FahrerInnen über ihre Rechte aufklärt und sich für arbeitgeberunabhängige Solidarität einsetzt. Ihren Standort hat das Riders Collective am Gürtel, genauer gesagt im Roten Bogen an der Josefstädter Straße. Hier treffen wir Markus zum Interview, um endlich ein konkretes Bild von der Industrie zu bekommen, die uns das Essen vor die Haustür liefert.

von Alexander Zauner, 17.11.2023

Bestellst du selbst manchmal bei Lieferdiensten?

Sehr selten, zuletzt als ich krank zu Hause gelegen bin. Die Restaurants geben ca. 30 % der Summe ab und dann kommt ein Fahrer der auch nicht gut bezahlt wird. Da kann man es auch selbst abholen oder direkt beim Restaurant anrufen. So zahlt das Restaurant zumindest keine Abgabe und liefert mit den eigenen Angestellten.

Gibt es sonst Dinge die man beachten kann, wenn man bestellt?

Was Arbeitsbedingungen betrifft, könnte man beispielsweise versuchen auf Dienste zurückzugreifen, die die Rider mit echten Dienstverträgen anstellen. Das wäre in Österreich Lieferando, weil Wolt und Foodora nur freie Dienstnehmer einstellen. Da greifen die Kollektivverträge nicht, es wird nur nach Auftrag bezahlt und du wartest oft stundenlang auf Aufträge. Es geht aber nicht nur um geregelte Stundenlöhne sondern auch um Krankenstand, bezahlten Urlaub und Co. Ich hab mir selbst vor ein paar Jahren während der Arbeit das Schlüsselbein gebrochen und war drei Monate außer Gefecht. Als freier Dienstnehmer hätte das für mich damals bedeutet, dass ich in der Zeit gar kein Geld verdiene.

Die Interessen der Rider werden von der Gewerkschaft vida vertreten. Seit 2020 gibt es einen Kollektivvertrag für FahrradbotInnen. Dieser gilt allerdings nur für Arbeitnehmer mit Dienstvertrag, nicht aber für freie Arbeitnehmer

Ist das Geld ein Grund aus dem manche ohne Dienstvertrag arbeiten wollen?

Es wird immer damit geworben, dass man damit mehr verdient. Wenn man aber die 14 Gehälter vom Kollektivvertrag berücksichtigt, kommen fest Angestellte mit Urlaub auf einen Stundenlohn von ca. 16 €. Das erreichen FahrerInnen bei Wolt oder Foodora mittlerweile kaum mehr, obwohl eben überall damit geworben wird. Man ist ein bisschen flexibler, auszahlen tut es sich aber nicht.

Ist es wegen der Flexibilität ein Job, den du z.B. Studierenden empfehlen würdest?

Teilweise. Es ist halt vorteilhaft, dass man relativ spontan arbeiten kann. Das wird aber auch schwieriger, weil Schichten manchmal schon eine Woche im Vorhinein vergeben werden. Bei Foodora gibt es dann auch noch ein Ranking, wo die oberen FahrerInnen ihre Schichten vor den anderen buchen können. Strafpunkte gibt es beispielsweise wenn man Toilettenpausen macht, das Handy-Signal verliert oder nicht zu Spezialzeiten an Sonn- und Feiertagen arbeitet. Die besten können ihre Schichten schon eine Stunde vorher buchen. Danach gibt es oft gar keine Schichten mehr.

Gibt es das nur bei freien oder auch bei fest angestellten?

Nur bei freien Dienstnehmern. Es wird dadurch erwartet, dass sich alle FahrerInnen trotzdem wie echte Angestellte verhalten, wozu sie gesetzlich eigentlich nicht verpflichtet sind. Strafpunkte nehmen einem dann die Möglichkeit in der nächsten Woche zu arbeiten.

„Wenn die Plattformen von den Arbeitern erwarten, dass sie ihre pinken Jacken und Rucksäcke tragen und sich an alle Regeln halten, sind es meiner Meinung nach keine freien Dienstnehmer.“

Markus

Man sollte ja meinen, dass das vor allem als Nebenjob geeignet ist. Eine Studie des Europäischen Instituts für Wohlfahrtspolitik hat aber ergeben, dass fast ein Drittel der Arbeitnehmer auf das Einkommen aus dieser Arbeit angewiesen sind.

Ich glaube die meisten wollen auch Vollzeit fahren. Viele arbeiten 60 Stunden, sieben Tage die Woche ohne Pause, weil bei den freien Dienstverhältnissen keine Ruhezeiten einzuhalten sind. Mit dem Kollektivvertrag wurde ein Weg eingeschlagen, dass man sagt das die Leute davon leben können, sozial abgesichert sind und am Ende des Monats planen können, wie viel Geld sie verdienen. Dass die Plattformen das umgehen, indem sie nur freie Dienstnehmer einstellen, ist dann sehr ärgerlich.

Fördern Rahmenbedingungen wie das Punktesystem riskante Fahrweisen?

Ja schon, da spielt die Bezahlung pro Bestellung auch eine wichtige Rolle. Wenn du nie weißt, wie viel Geld du am Ende der Stunde machst, versuchst du immer möglichst schnell zu sein. Da zählen rote Ampeln dann nicht mehr so viel. Ich nehme es selbst wahr, dass die Leute unter Stress stehen und Auftrag für Auftrag hinterherhetzen. Es wurden auch die Distanzen von den Bestellungen in den letzten Monaten viel größer, weil der Algorithmus umgestellt wurde. Aus diesen Gründen tunen viele FahrerInnen unerlaubterweise ihre E-Bikes und rechnen durch, wie viel sie liefern müssen, um eine mögliche Strafe wieder reinzuholen.

Ist trotzdem eine Regelung mit Dienstvertrag für Arbeitgeber so unattraktiv, dass sie lieber auf freie Dienstnehmer setzen?

Ich glaube ein echtes Dienstverhältnis hat auch für die Arbeitgeber große Vorteile, weil sie wissen, zu welchen Zeiten die Leute arbeiten. Beispielsweise haben Wolt und Foodora an Schlechtwettertagen teils Schwierigkeiten genug Leute zu finden, die arbeiten wollen. Ich war vor ein paar Tagen als es geschüttet hat, abends noch Wolt fahren. Da gab es Pizzen, die zwei Stunden fertig aber nicht abgeholt waren, weil für das Geld niemand bereit ist bei dem schlechten Wetter zu fahren. Wenn die Leute fest angestellt sind, können die Arbeitgeber besser planen wie viele gebraucht werden und sie wissen, dass die meisten dann auch arbeiten werden.

Wird die Arbeitnehmervertretung bei den Ridern auch angenommen?

Es gibt eigene Communitys in der Rider Szene. Leider gibt es einige Schwierigkeiten, wie Sprachbarrieren, die zu vernetzen, um gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Vor kurzem gab es eine Demo von 200 freien Dienstnehmern vor dem Foodora-Hauptgebäude in Wien, das kümmert Foodora aber leider recht wenig. Deshalb ist es wichtig gemeinsam Aktionen zu planen. Da reicht es wenn die Leute einen Tag nicht online kommen, um Veränderungen zu bewirken.

Ist Vernetzung die Hauptaufgabe des Riders Collective im Roten Bogen?

Ja genau, einfach Leute zu informieren und zu connecten, eine gewisse Community aufzubauen. Die Leute können sich hier während der Arbeit ausruhen, die Toilette benutzen oder einen Kaffee trinken. Alle zu vernetzen ist aber eben schwierig, auch weil die meisten dauernd unterwegs sind. Wenn sie mal Pause haben sind sie nicht immer in der Nähe. Wir versuchen es auch über regelmäßige Events, wie unseren regelmäßigen Stammtisch, damit die Leute wissen, dass sie jederzeit vorbei kommen können. Im Sommer gibt’s das auch mit Grillplatzreservierung auf der Donauinsel. Das wird bei den FahrerInnen gut angenommen und wir kommen regelmäßig zusammen.

Humor und dessen Tücken

Durch die Augen eines Moderators & Rezitators – Rudolf Hausmann

Maximilian Klawonn

Prolog

Bei einer kleinen Opernveranstaltung von Wiener Musikstudierenden im “Redtenbach” sticht eine Person auf der Bühne heraus. Er singt keine Arien, sondern unterhält das Publikum mit witziginformativen Moderationen zwischen den musikalischen Beiträgen. Diese hängen ihnen an den Lippen, können sich das Lachen nicht verkneifen.

Als der rote Vorhang zugezogen wird, gehe ich auf ihn zu und frage Rudolf Hausmann nach einem Interview. Er ist gleich dabei, muss nur noch kurz drei Leuten Hallo sagen. Wir setzen uns bei nur schwach gedämpften Afterparty-Geräuschen neben den Flügel hinter besagten Vorhang.

Dabei hat sich folgendes Gespräch zugetragen:

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